Hallo zusammen, 10 Tage Internet-freie Zeit sind jetzt zu Ende. Eine absolut beeindruckende Kreuzfahrt liegt hinter mir, die defintiv ein absolutes Highlight meiner Reise, wenn nicht meines Lebens sein wird. Ich habe jetzt die absolut schwere Aufgabe, das Erlebte so wieder zu geben, dass es dem gerecht wird… das mir dies defintiv nicht gelingen kann, habe ich am zweiten Tag vor Ort festgestellt: Ich habe abends gerade einen absolut faszinierenden Tag für mein Reisetagebuch beschrieben und musste feststellen, dass es sehr ähnlich zu dem klang, was ich über den ersten Tag geschrieben habe – das war es aber bei weitem nicht, mir fehlt schlicht weg das Vokabular.
Um euch nicht mit Details zu jedem Tag zu langweilen, versuche ich diesen Trip also etwas anders zu beschreiben. Und natürlich werden einige Fotos das Ganze noch untermalen, die Auswahl der richtigen Fotos war bei weitem nicht so einfach. Obwohl ich ingesamt NUR ca. 700 Fotos gemacht habe, manch einer hatte über 5.000 Bilder. Ich rede mir ein, die Antarktis auch mit eigenen Augen gesehen zu haben – nicht nur durch das Foto-Display.;)
Die Crew
Die Crew der Sergey Vavilov setzt sich aus dem Hotelpersonal, der Schiffsbesatzung sowie der Expeditionsteams zusammen. Auch wenn mich die Enge der Kabine einschließlich Etagenbett an meine Zeit bei der Bundeswehr erinnert hat (wie übrigens auch der tägliche Weckruf um 7 Uhr und die straffe Organisation), hatte der Aufenthalt hier auch was von einem 4-Sterne-Hotel. Freundliches Hotelpersonal, Sauna und Mahlzeiten im Überfluss. Der Knopf meiner neu erworbenen waterproofed Thermohose ging bereits am 3. Tag nicht mehr zu, etwas später machte auch der Reißverschlussprobleme – eine gut ausgeprägte Fettschicht ist überlebenswichtig in der Antarktis!!
Die Expeditionsteams sorgten in den ersten Tagen mit Vorträgen für Kurzweil, obwohl ich manchmal eingeschlafen bin, das lag aber vor allem an den Seekrankheitspillen, die in der recht unruhigen Drake-Passage allerdings sehr zu empfehlen ist. Insbesondere Jamie, mit seiner humorvollen Art und Damian, mit seinem erzählerischen Talent und witzigen Anekdoten standen hoch im Kurs. (Damian war als junger Wissenschaftler auf den Falkland-Inseln als der Krieg ausgebrochen ist und musste einen Monat mit 3 anderen in einer kleinen Hütte ausharren, sehr witzig. Oder, er hatte das Glück auf der MV Explorer zu sein, als diese 2007 in der Antarktis sank – Anekdoten vom Feinsten).
Die Mitreisenden
Der Großteil der Passagiere waren Amis, Fragen ala: Sehen wir Eisbären? Kann das Schiff sinken? Und Wirst du auch mal deine Lederhosen tragen? Waren am ersten Tag zu hören! Denen habe ich nicht selten den Eisbär an den Hals gewünscht, schade, dass es ihn in der Antarktis nicht gibt. Highlight: Kaum in der ersten Pinguin-Kolonie angekommen, wirft man sich in ein Nonnen-Dress und stürmt die Brutstellen, um Fotos zu schießen. Die Pinguine haben den Schwindel schnell bemerkt – könnte an den extra aufgespritzten Lippen der Lady gelegen haben.
Daneben gab´s aber auch eine ganze Reihe vernünftiger Menschen und einige Backpacker. Jason, indisch-stämmiger Ingenieur aus Florida, der nach der ersten Cougar-Attacke, älterer Single-Damen nur noch auf den Nickname „Brown Sugar“ hörte. Oder die malaysischen Brüder Ken und Wayne, mit denen ich wohl in der nächsten Woche durch den Nationalpark Torres del Peine wandern werde.
Die Route
Nachdem wir Montags Abends in Ushuaia ablegten, ging es erstmal einige Stunden durch den Beegle-Kanal. Kalte Nacht, klarer Sternenhimmel und die Silhouette der Anden-Ausläufer gegen den immernoch hellen Horizont. Danach zwei Tage Überfahrt durch die gefürchtete Drake-Passage vor Cap Horn, in der schon manches Schiff seine letzte Fahrt gemacht hat. Erste Wale wurden gesichtet, allerdings nicht von mir. Ich habe irgendwann im Augenwinkel einen Fisch aus dem Wasser springen sehen, beim zweiten Sprung wurde mir dann bewusst, dass es ein Vogel war – die ersten Pinguine begleiten uns! In der Ferne kreuzt ein Eisberg. Abends dann schneebedecktes Land: New Shettland Islands – wir sind da!
Am nächsten Morgen liegen wir vor Half Moon Island – blauer Himmel, keine Wolke. Eine Pinguin-Kolonie mit 3.000 Brutpaaren ist dort beheimatet. Mit dem Zodiac setzen wir über und setzen Fuß in die Antarktis. Die Pinguine lassen sich durch die „gelben Artgenossen“ nicht wirklich stören. Der Abstand von 5m wird durch uns durchweg eingehalten – den Pinguinen hat das aber niemand gesagt. Highlight: Ich setze mich etwas abseits des Weges und beobachte und die Viecher kreuzen nach einigen Minuten einfach meinen Weg und kommen bis auf Armlänge heran. Immer runter zum Strand, Kieselsteine für den Nestbau besorgen und wieder hochwatscheln. Manchmal wird der Weg bergab zu einer Rutschpartie genutzt. Auch auf der Insel, 3 Wedell Seals. Hätte nicht gedacht, dass die Viecher so groß werden.
Während wir Mittagessen wird neuer Kurs gesetzt: Deception Island, eine runde, immernoch vulkanisch aktive Insel, deren Bucht in der Mitte nur durch einen schmalen Eingang erreicht werden kann. Auf den Weg dahin sehe ich auch meine ersten Humpback Wale auf der Jagd nach Krill und wieder begleiten uns einige Pinguine. Eisschollen leiten uns den Weg zum Eingang der Bucht, noch ist nicht sicher, ob sie befahrbar ist oder ob noch zuviel Eis im Weg ist. Aber ganz langsam brechen wir durch die Eisblockade und bahnen uns den Weg.
Am schwarzen Vulkanstrand erwartet uns ein Empfangkommando Pinguine und ich stolper fast über eine weitere Robbe – als ich auf 2m dran war, hat sie sich bewegt, sonst hätte ich sie net erkannt. Am Ufer stehen noch immer antike Hütten aus der Wahlfang-Zeit, die jetzt als Museum dienen und langsam verrotten. Ein Wal pro Tag konnte hier in der Blütezeit verarbeitet werden. Noch immer sieht man einzelne Wahlknochen aus dieser Zeit am Strand. Am Ende steht für diejenigen, bei denen einige Schrauben locker sitzen, ein Bad im antarktischen Ozean auf dem Plan – die Beschreibung passt hervorragend auf mich.
Klamotten aus, kalter Wind forciert die Anstrengung sich zu beeilen, im Laufschritt über den kalten Sand, ersten Schritte im Wasser. Als es etwas tiefer als bis zu den Knien geht ein beherzter Satz und dann ganz schnell wieder rauskämpfen. Obwohl es ein aktiver Vulkan ist, hat das nicht wirklich Einfluss auf die Wassertemperatur, die um den Gefrierpunkt liegt (könnte an den Eisschollen liegen, die noch in der Bucht schwammen, ist aber nur eine Vermutung). Das Anziehen fällt schon schwerer und ab in den Zodiac - in dem ich fast erfroren wäre.
Am nächsten Morgen steht die Mickelson Bay auf dem Programm. Schlechtes Wetter und starker Wind verhindern aber, dass wir die Zodiacs ins Wasser lassen können (der einzig schlechte Tag). Wir weichen auf eine andere Bucht aus und haben 4 Stunden Schlauchboot-Fahrt vor uns. Gletscher, schneebedeckte Berge und immer wieder Eisberge in allen möglichen Formen.
Tag 3 in der Antarktis, wir ankern im Orne Harbour, einer Fjord-ähnlichen Bucht. Nach der Landung kämpfen wir uns die schneebedeckten Hänge hoch auf einen 300m hohen Hügel, der als Brutstätte für eine weitere Pinguin-Kolonie dient. Neben der wahnsinnigen Aussicht über den Fjord auf der einen Seite und über den Eisberg-durchzogenen, stillen, antarktischen Ozean auf der anderen Seite, sorgten Rutschpartien auf kleineren Hängen für die Highlights des Morgens. Mittags landen wir etwas weiter südlich.
Wieder steht eine Wanderung auf einen Hügel an, wir versinken manchmal mehr als knietief im Schnee und werden dabei von Pinguinen überholt, die ihre Nester auf der Anhöhe bauen. Naja, wir müssen nur einmal hoch, während die Jungs für den Nestbau mehrmals am Tag diesen Weg beschreiten dürfen.
Tag 4, es geht weiter Richtung Süden durch die Paradise Bay. Auf einzelnen Schollen sonnen sich Robben, während wir gemächlich an ihnen vorbeiziehen. Gegen Mittag plötzlich Aufregung, es wurden Orkas gesichtet und tatsächlich eine Gruppe von 5-6 Orkas tummeln sich in einiger Entfernung zu unserem Schiff. Verdammt hübsche und intelligente Delfine! Auffällig war, dass auf unserem weiteren Weg keine Robben mehr auf Eisschollen gesichtet wurden. Ich verbringe die Zeit weitestgehend mit Karten schreiben, denn gegen Mittag laufen wir Port Lockroy an – eine britische Base mit eigener Poststelle. Bin gespannt wielange die Auslieferung benötigt. Port Lockroy ist recht windgeschützt, besteht aus drei Hütten auf einer kleinen Insel, die teilweise heute als Museum dienen.
Die Besatzung verbringt den antarktischen Sommer bis etwa März hier, etwa ein Schiff pro Tag macht halt. Neben einzelnen Forschungsprojekten ist die dringlichste Aufgabe der Erhalt der Station. Eine der 4 Mitglieder (übrigens 3 Mädels) ist Ylva, gebürtige Marburgerin.
Tag 5 in der Antarktis, eine weitere Landung in … steht auf den Programm. Wieder Pinguine und Robben. (JA, es war wieder beeindruckend, aber wie soll ich euch den Unterschied der einzelnen Orte nur beschreiben?) Sowie ein kurzer Zodiac-Trip bei traumhaften Bedingungen, die letzte Exkursion in der Antarktis. Bei der Rückfahrt zum Schiff kommt etwas Wehmut auf. Danach setzen wir wieder zurück durch die Paradise Bay Richtung Drake Passage. Wieder begegnen uns die Orkas. Ein junges ist dabei. Einmal taucht ein altes Männchen keine 10m vom Schiff entfernt auf. Wahnsinn!!
Die nächsten beiden Tage verbringen wir wieder auf hoher See. Seekrankheitspillen, Vorträge, Karten spielen usw. Auch wenn ich ursprünglich dachte, ich habe genug Zeit, den Trip zu beschreiben, ist kaum eine freie Minute verfügbar. Mittwochs kommen wir Cap Horn recht dicht. Die Drake-Passage zeigt sich wieder von ihrer besten Seite. Die letzten Stunden liegen vor uns, am Donnerstag Morgen legen wir wieder in Ushuaia an.
Tierwelt
In den 5 Tagen vor Ort haben wir so ziemlich jedes Tier gesehen, was wir sehen konnten, wenn manchmal auch nur aus der Ferne. Weddel Seals, Crabeater Seals und einmal auch einen Leopard Seal auf der Jagd nach Pinguinen – leider nicht erfolgreich als wir vor Ort waren. Wir haben Humpback Wale und Orkas auf der Jagd gesehen. Jede Menge Seevögel, die um unser Schiff rumgesegelt sind und natürlich Pinguine… Immer wieder Pinguine! Wir haben drei verschiedene Arten ausgemacht, obwohl in der Gegend eigentlich nur zwei vorkommen.
Ein Macaroni-Pinguin hat sich in der Kolonie geirrt, könnte ein lausiger Sommer für ihn werden. Kaum zu glauben, aber irgendwann verlieren die pusierlichen Tierchen ihren Reiz. Ganz nach dem Motto von Jamie: Pinguine sind nur zu einem Nütze – als Seeleoparden-Futter! Irgendwann hofft man auch, dass die Skuas Erfolg haben und ein Pinguin-Ei erwischen, um noch ein spannendes Foto zu schießen. Apropos Skuas, etwa 1/3 bis die Hälfte des Nachwuchses eines Jahres fallen diesen Vögeln zum Opfer.
Momente in denen man sich klein fühlt
In der Antarktis hat man an jedem Tag Momente, in denen man sich einfach nur winzig fühlt. An einem Tag sehen wir einen Eisberg, der locker 30 Mal so groß war, wie unser Schiff. Die Gletscher, von denen täglich Eisstücke ins Meer stürzen, haben ein enormes Ausmaß.
...unten rechts (kaum zu erkennen unser Schiff) |
Die Fjorde in denen unser Schiff aussieht wie Playmobil.
Und nicht zuletzt nach dem Bad im kalten Wasser fühlt mann sich extrem klein ;). Nachdem ich mich endlich angezogen hatte, musste ich noch 10 Minuten im Zodiac warten – als ich es unter die Dusche geschafft habe, waren meine Zehen bereits blau und selbst das kalte Wasser war zunächst noch zu warm.
Erkenntnisse
Pinguin-Kolonien erkennt man zunächst an ihrem braunen Untergrund – die Tier leben in ihrer eigenen Scheiße. Kurz danach riecht man sie! Soo knuffig sind sie dann doch nicht mehr. Ach egal, wenn sie rumwatscheln sind sie doch einfach nur süß und pummelig.
Pinguine bauen ihre Nester auf Anhöhen, da die als erstes eisfrei sind – dafür müssen sie aber umso weiter tapsen, um die Kiesel für ihre Brutstätten zu transportieren. Oder, sie klauen sie einfach bei ihren Nachbarn.
Wir hatten verdammtes Glück: Unser Schwesterschiff, die Sea Spirit, war 3 Stunden nach uns in Deception Island – aufgrund starker Winde, die die Eisschollen zurück Richtung Bucht drückten, saß sie für 2 komplette Tage fest!
Die Antarktis ist ein unwirklicher Kontinent, fesselnd, faszinierend, den Atem nehmen – mir jedenfalls fehlen die Worte es zu beschreiben...
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