Kaum zu glauben, nach der Death Road habe ich noch 4 weitere Tage in La Paz verbracht. Was gibt es zu berichten? Eigentlich nichts! Es hat geregnet, dann hat es geschüttet, es war kalt, nass, grau! Richtiges Weihnachtswetter! Reisen kann echt langweilig sein. Von den Umständen hab ich mich ne Weile runterziehen lassen, bissi Filme geschaut, kurz über den Hexenmarkt geschlendert und gelangweilt – während man überall mitbekommt, dass Weihnachten gefeiert wird. Das Weihnachtsfest in unserem Hostel fand am 25. Dezember statt. Truthahn, Süßkartoffeln, Wein und Shots für umgerechnet 7 Euro… Ist dann in Trinkspielen ausgeartet. Kings Cup – ewig nicht mehr gespielt und trotz meines fortgeschrittenen Alters habe ich mich doch noch ganz gut gegen die jüngeren behauptet, was man nicht von jedem behaupten kann. Manch einer hat die Nacht andachtsvoll, in Gebetshaltung über der Toilette verbracht – Weihnachten eben.
Trotz dieses amüsanten Abends stand der Entschluss fest, ich muss recht schnell weiter, das Wetter halt ich nicht länger aus. Vier Stunden Busfahrt nach Copacabana…am Titicacasee. (Der Strand ist weniger schön, keine Bikinis, und weniger Mädels, die man in selbigen sehen wollen würde – also ganz anders als Copacabana in Rio!). Während ich noch dachte, in La Paz günstig weggekommen zu sein (6,5€ die Nacht in nem 8er Dorm, inkl. Ein Bier pro Abend gratis aus der eigenen Brauerei), setzt Copacabana neue Rekorde…2,8€ die Nacht im Einzelzimmer! In Bolivien kann man sich reich reisen, wenn bloß nicht Regenzeit wäre! Am nächsten Morgen geht’s zeitig mit dem Schiff auf die Isla del Sol und oh Wunder: Es scheint die SONNE! Die Isla der Sol ist für die Inka der Nabel der Welt, hier soll ihr Gottvater auf die ersten Menschen getroffen sein. Und Sonne und Mond finden hier ihre Ruhe – in einem Felsen. Gleich gegenüber die Opferstelle für Lamas!
Nach einer Führung im Nordteil konnte man entweder mit dem Boot Richtung Südteil fahren oder 3 Stunden über die Insel wandern. Die Sonne scheint, ich laufe und schließe mich eine Gruppe Brasilianer an – und fange mir nen ordentlichen Sonnenbrand an den Ohren ein! Die Wanderung in 4.000m Höhe über einige Hügel war nicht gerade Zuckerschlecken, der Ausblick entschädigt aber für alles und ein paar Kokablätter in den Backen helfen über das Gröbste. Die Unterhaltung in meiner Gruppe findet auf Spanisch statt, erst auf den letzten Metern finde ich heraus, dass zumindest einer fließend Englisch spricht. Meine Ansicht zur Euro-Krise auf Spanisch wieder zu geben, hatte mich doch etwas überfordert. Am Abend dann noch den Sonnenuntergang beobachtet, nicht sehr spektakulär aber nach 4 Tagen Regen…
Morgens geht’s dann mit dem Bus weiter Richtung Cusco, natürlich regnet es wieder. Am Grenzübergang zu Peru weisst ein Schild auf den Umstand hin, dass Peru frei von der Vogelgrippe ist. Gut zu wissen, auch wenn ich alternativ mit Meerschweinchen Vorlieb nehmen würde. Peru ist anders als Bolivien. Zwar regnet es auch hier, aber die schroffen Berghänge hier sind nicht so kahl wie in der Grenzregion zu Chile, sondern alle mit grünen Pflanzen überwuchert – Regenzeit?! Die zweite Fahrthälfte von 6 Stunden gestaltet sich etwas ungemütlicher, eine peruanische Großfamilie zieht wohl um. 8 Erwachsene, 3 Kinder und circa 20 Säcke (von denen ich keinen alleine getragen hätte) finden in den letzten 4 Reihen Platz… Ach ja, und ich auch! Musik an, durch den Mund atmen und immer dran denken, das Ticket war günstig!!
In Cusco habe ich in der ersten Nacht zunächst ein 4-Bett Zimmer für mich alleine. Vor Sylvester wird es vollbelegt sein. Die Stadt gefällt mir auf Anhieb, etwas touristisch zwar aber mit alten Kolonialbauten und noch älteren Inka-Bauten genau das Richtige fürs Neujahr. Mittags esse ich in einem einheimischen Lokal: Suppe, Getränk, Nudeln, Forelle für 1,40€ - abends bereue ich die Entscheidung! Treffe die Brasilianer aus Potosi wieder, mit denen ich mich abends in einem Pub mit Live Musik wieder treffe. Der Weg dorthin wird jäh unterbrochen…danach geht’s erstmal in die Apotheke! Der Abend gestaltet sich sehr witzig. Pearl Jam Cover Band, es wird ordentlich gerockt und ich bekämpfe meine Magenprobleme (professionell) mit einigen Caipis… Morgens lasse ich aus Sicherheitsgründen das Frühstück aus! Warte am Markt auf den Bus, der mich zu einer Tour zu alten Inka-Ruinen abholen soll. Während ich warte schleppt sich ein altes Männchen an mir vorbei – ein geschlachtetes Alpaka auf dem Rücken. Netter Anblick.
Die Tour führt uns ins heilige Tal der Inka. Erster Stopp in Pisac. Trotz Regen begeistert die Baukunst der Inka, die hier direkt an die steilen Berghänge über 700 Terrassen für die Landwirtschaft anlegten. Daneben alte Ruinen. Nach dem Mittagessen geht weitern nach Ollantaytambo (ja, ich hab den Namen nochmal im Reiseführer nachgeschlagen!). Weitere Inkaterrassen, 700 Jahre alte Pflastersteine. Die Stadt wird von einer Bergfestung überwacht und ist ein ausgeklügeltes Beispiel für die Planung der Inka. Die Terrassen sowie die Stadt haben aus der Luft betrachtet die Form eines Lamas – dessen Auge (ein Sonnentempel) wird genau für eine Woche beleuchtet. Während der Wintersonnenwende! Am gegenüberliegenden Berghang trohnt die Fratze ihrer obersten Gottheit, wacht mit grimmigem Blick über die Stadt. Daneben ein weiteres Gebäude, vermutlich ein Tempel für ihn. Beleuchtet für eine Woche – während der Sommersonnenwende.
Und als wäre das nicht schon Leistung genug: Der Sonnentempel ist aus riesigen Steinklötzen erbaut, allerdings von einem Steinbruch am gegenüberliegenden Ende des Tals. Also erstmal den Berg runter, über eine Brücke am Fluss und über Rampen den Berg wieder hoch. Kleinere Klötze (wobei klein nicht wirklich klein heisst) stellen einen Schutz / Puffer bei Erdbeben dar. Wenn einem nicht schon angesichts des malerischen Tals der Mund offen steht, ist es spätestens jetzt der Fall!
Letzte Station des heutigen Trips ist Chinchero. Typisches Andendorf, typisch touristisch. Hochburg der Weberei im Inkareich und Geburtsort des Regenbogens. Uns wird demonstriert, wie Schaaf- bzw. Alpakawolle zu Fäden gesponnen wird und mit welchen Naturalien welche Farbstoffe zum Einfärben gewonnen werden. Babyalpaka ist besonders weich, gut dass ich noch 3 Monate reise – ich hätte sonst mehr eingekauft.;)
Abends dann mit einem rumänischen Investmentbanker aus New York zum Essen verabredet. Ich bestell für den Sylvesterabend ein Meerschweinchen vor. Zur Stunde lebt es wohl noch und isst vergnüglich sein Henkersmahl. Aber es muss frisch zubereitet werden und wird 4 Stunden vorher geschlachtet… Es lebt also jetzt noch knapp 3 Stunden. Ich begnüg mich mit Alpaka-Lasagne und bediene, echt schmackhaft! Abends geht’s nochmal in den selben Pub vom Vortag. Selbe Band und feinster Rock aus den 70ern, beste Stimmung. Das war’s mit nem ruhigen Abend – um halb 2 schwanke ich Richtung Hostel. Heute darfs ruhig noch ne Steigerung geben. Guten Rutsch bzw. Gutes neues Jahr!!