Langsam geht es richtig los… Ich habe schon einmal beschrieben, dass Planänderungen für mich das Reisen wirklich ausmachen und hier kommt die erste. Nachdem ich felsenfest davon überzeugt war, am nächsten Morgen gen Coromandel aufzubrechen, treffe ich abends noch auf eine Gruppe, von der eine am nächsten Morgen nach Norden zum Cape Reinga fahren möchte. Da sie allein unterwegs ist, hat sie noch ein Platz in ihrem Van frei und nimmt mich tatsächlich mit – wäre mal interessant zu erfahren, ob sie das heute immernoch machen würde ;) Also lasse ich für den nächsten Tag die bereits gebuchte Busfahrt verfallen und bin mit Tiziana, einer 27jährigen Schweizerin, am nächsten Morgen auf der Straße gen Norden. Und plötzlich fühlt sich die Reise anders an, verdammt ja, endlich flexibel, wenn auch auf die Funktion des Beifahrers reduziert. Bei traumhaftem Wetter führt uns der Weg die Küste der Doubtless Bay entlang, die ihren Namen James Cook zu verdanken hat, der in sein Logbuch vermerkte, dass es sich hierbei zweifellos um eine Bucht handelt – ohne sie weiter zu erkunden… Hätte er das besser mal gemacht, denn die Szenerie ist herrlich!
Je näher wir dem
Cape kommen, desto beeindruckender wird der Ausblick. Dünen, Sandstrände,
Vegetation, einfach eine herrliche Kombination vor blauem Ozean und leicht
bewölktem Himmel. Am Cape angekommen führt ein kleiner Wanderweg hinunter zu
einem alten Leuchtturm, eine der wohl bekanntesten Motive der Nordinsel. Vor
dem Cape treffen der Pazifik und das tasmanische Meer aufeinander, sofern ich
jetzt nicht völlig schief liege, daher ist das Meer hier in der Regel sehr
unruhig. In den Augen der Maori verschmelzen hier das männliche und das
weibliche Meer – kein Wunder, dass die See hier rauer wird!
Ohnehin hat dieser
Ort für die Ur-Einwohner eine besondere Bedeutung. Die Seelen der Verstorbenen
verlassen am Cape die hiesige Welt in Richtung der Unterwelt. Auf den
vorgelagerten Inseln, die sich am Horizont abzeichnen, blicken sie ein letztes
Mal zurück. Und auch wir blicken noch mehrere Male zurück, während wir uns
wieder zurück zum Wagen machen. Als nächstes Ziel soll der Ninty Miles Beach
herhalten – auch wenn der Name aufgrund von nicht mal knapp 90 Kilometern eher
eine Mogelpackung ist, trotzdem beeindruckend. Aufgrund von nicht vorhandenem
Allrad aber dafür einem bereits vorhandenem Riss in der Windschutzscheibe,
entscheiden wir uns gegen das Off-Road Abenteuer und versuchen möglichst weit
südlich zu gelangen, um am nächsten Morgen noch ein paar der berühmten
Kauri-Bäume zu besichtigen.
Wir gelangen kurz vor Einbruch der Dunkelheit zu
einem Camping Platz nach Opononi, ein kleiner Küstenort, der vor Jahrzehnten
aufgrund eines Delfins berühmt wurde, der fast handzahm in Ufernähe mit den
Kindern spielte und damit später die Vorlage für den wohl berühmtesten aller
Delfine lieferte. Vollmond über dem Kanal - traumhafter Anblick! Ein kleines Abendessen (Tiziana ist Vegetarierin – was ich
mir in meiner Freizeit alles antue ;)) und ein bisschen Wein und es geht erst nach
Mitternacht ins Bett bzw in den Van. Eigentlich ein recht gemütlicher
Schlafplatz.
Am nächsten Morgen kommen wir beide nicht so planmäßig aus den Federn, was sich als echter Glücksfall erweisen soll. Denn während ich noch verschlafen am Frühstückstisch sitze, kommt die Eignerin des Campingplatzes auf ihrem Quad vorgefahren und berichtet von Walen, die den Kanal hinaufziehen. Ich bin schon nicht mehr ganz so verschlafen, sprinte zunächst zu meiner Kamera und dann zum Strand und verfluche schon jetzt die Tatsache, dass ich auf ein Teleobjektiv verzichtet habe – ist ja einfach zu schwer.
In den nächsten Minuten passiert erstmal gar nichts, bis plötzlich rechts von mir eine Flosse fast in Ufernähe auftaucht. Gemeinsam mit einer Gruppe Schaulustiger, laufen wir den Walen entgegen, nur um recht schnell „enttäuscht“ festzustellen, dass es sich keineswegs um Wale sondern um Orcas handelt. Eine Mutter mit zwei Jungen präsentiert sich in regelmäßigen Abständen vor unseren Linsen, ich bin noch immer ganz geflasht! Irgendwann kommt eine Familie mit kleinen Kindern dazu. Während die Eltern die Orcas in ca. 15m Abstand zum Ufer beobachten, spielen die Kinder direkt am Wasser. Da ich mal eine Reportage darüber gesehen habe, wie Orcas in Patagonien Seelöwen am Strand jagen, hätte ich meine Kinder dort nicht spielen lassen… Aber das waren ja Einwohner, die wissen schon was sie machen.. Ich hatte die Kamera trotzdem griffbereit ;)
Nach einer halben
Stunde und sicher 100 Fotos später lassen wir die Tiere zurück und fahren zu
den Kauri-Bäumen, den uneingeschränkten Herrschern unter den Urwald-Pflanzen. Den
sonst von Farnen dominierten Wald überragen diese Bäume um einiges, sie
erreichen eine enormes Alter – der älteste soll um die 2.000 Jahre alt sein –
und waren früher als Holzlieferant sehr begehrt. Dumm nur, dass sie auch
entsprechend langsam wachsen und wie wohl fast überall wurde erst abgeholzt und
dann nachgefragt. Mittlerweile stehen die Bäume unter Schutz, lediglich, wenn die
Maori aus rituellen Gründen Bedarf haben, gibt es Ausnahmen. Obwohl die Kaoris
unter Schutz stehen, kann man an jeder Ecke legal Souvenirs aus diesem Holz
erwerben. Vor über 40.000 Jahren gab es bereits ein großes Waldsterben und
viele Kaori-Bäume sind im Sumpfgebiet konserviert bis heute zurückgeblieben.
Auf dieser Grundlage werden heute die Schnitzereien gefertigt, also alles halb
so schlimm.
Der Rückweg nach Auckland gestaltet sich ohne weitere, größere Aufreger – ich werde fast aus dem Auto geworfen, weil ich fahrlässig meine Pflichten als Beifahrer verletze (wenn der Fahrer Hunger hat, soll man gefälligst die Augen nach was Essbarem offen halten!) und Tiziana erweist sich im turbulenten Stadtverkehr als die besonnenste Schweizer Fahrerin, der ich jemals als Beifahrer assistieren durfte =)
Also ein rundumgelungener Trip, an den ich sicherlich noch länger zurückdenken werde.
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