Donnerstag, 22. März 2012

...wie Sand zwischen den Fingern

Im Bus auf den Weg nach Florianopolis treffe ich auf Martin, einen jungen Schweden, der gerade am Anfang seiner 7-monatigen Reise steht. Im steht in etwa die selbe Strecke bevor, die ich hinter mir habe und wir unterhalten uns eine Weile, bis sich rausstellt, dass wir im selben Hostel gebucht haben. Wie üblich ist der Bus auf unangenehme, gefühlte 12 Grad runtergekühlt. Pulli, Jeans und Handtuch halten einen warm – ich weiss immernoch nicht, warum die das hier eigentlich machen. Ich entgehe jedenfalls nur knapp dem Kältetod, als wir morgens etwas übermüdet am Busbahnhof in Floripa ankommen.
Die Wolkendecke reißt ca. 50km vor Ankunft auf und wir haben strahlende Morgensonne. Florianopolis ist eine Stadt, die sich zum Teil auf dem Festland zum Teil auf der Isla Catharina befindet, beide Teile sind von einer Brücke verbunden. In Floripa an sich hält man sich in der Regel gar nicht lange auf, man fährt entweder in den östlichen, nördlichen oder südlichen Teil der Insel, wo sich insgesamt 42 Strände befinden. Mich zieht es in die Lagoa Concacao, eine Kleinstadt im Zentrum der Insel, an einer Lagune gelegen. Bei unserem Hostel handelt es sich um ein recht neues, aber bereits sehr beliebtes Party-Hostel – trifft sich gut, dass es bereits Freitag ist. Der Plan, sich kurz auszuruhen, scheitert. Das Hostel bietet eine günstige Tour zur Lagoa del Este an. In meinen Augen einer der schönsten Strände an der Südspitze der Insel, den ich bereits von meiner letzten Reise her kenne. Auf einen schmalen Dschungelpfad müht man sich ca. eine Stunde über einen Gipfel, ehe man das Rauschen der Wellen hört und nur kurz später einen herrlichen Blick auf einen fast leeren Sandstrand erhält. Leider war der Großteil der Gruppe etwas größenwahnsinnig und hat auch auf mehrfaches hinweißen den Trip in Flip Flops begonnen. Für jemand in Hiking-Schuhen echt spannend mit anzusehen ;).

Am Strand angekommen zieht es mich ins Wasser, aber kaum setze ich den ersten Fuß ins Naß, ziehe ich diesen schon wieder zurück – das Wasser ist verdammt kalt!! Die Wellen sind aber verführerisch, also versuche ich es mit Anlauf, hat ja bisher immer geklappt. Allzu lange hält es einen aber nicht drinne, also wird sich gesonnt bzw. mit den anderen Travellern gequatscht und am Strand entlang marschiert – und immer wieder dabei ertappt, wie ich Sand durch meine Hand rieseln lasse… Meine Zeit läuft ab. Recht schnell schließe ich Kontakt mit David aus Spanien, der spontan und günstig einen Trip für 10 Tage nach Brasilien ergattert hat. Obwohl er Spanier ist, Sonnencreme Faktor 60 benutzt fängt er sich einen derben Sonnenbrand ein – man könnte fast schon von englischem Ausmaß sprechen.
Der Hund der Besitzer, Tuna, ist ebenfalls mit am Strand und schafft das Kunststück sämtliche mitgebrachten Fußbälle – 3 an der Zahl – binnen der ersten Stunde zu zerstören. Die Anmerkung, dass ich Hunde nicht mag, bringt mir einen tödlichen Blick von einem Mädel auf der anderen Seite unserer Gruppe ein. Mein süffisanter Hinweis, dass ich einen Heiden-Respekt vor ihr habe, da sie den Trip in Flip-Flops angeht, bringt mir einen weiteren mörderischen Blick ein. Was solls, ich lauf mit zwei anderen (die ebenfalls festes Schuhwerk besitzen) vor dem Rest der Gruppe her und trinke am Ausgangspunkt bereits ein Glas Cana-Saft. Schmeckt wie selbstgemachte Marmelade und wird aus einer sehr zuckerhaltigen Pflanze gewonnen, echt lecker. Im Hostel treffe ich auf einen Engländer, Joe, mit dem ich die ersten Bierchen zische, bevor etwas später das BBQ beginnt. Zu uns gesellt sich die Kleine vom Strand, Francesca aus Italien. Bei einem Bier (oder aufgrund meines Charmes) taut sie etwas auf. Wird ein witziger Abend, der dann kurz vor Mitternacht mit einem Besuch in einem Samba-Schuppen seinen Höhepunkt findet. Ich werde feststellen, dass Samba deutlich schwieriger als Salsa, aber beim Samba zuzuschauen ebenso angenehm ist.
Nach einer sehr kurzen Nacht nehmen wir den Bus zur Praia Mole. Das Publikum an der Mole kann man prinzipiell in drei Kategorien unterteilen: 1. Die Surfer, die sich in die Wellen wagen 2. Die Mädels, die die Surfer beobachten 3. Die Jungs, die die Mädels beobachten, die die Surfer beobachten… Ich genieße aber auch ab und an ein kaltes Bier, hier wie gewohnt nahe dem Gefrierpunkt. Wir wollen den Sonnenuntergang von den Felsen, die den Strand auf der rechten Seite begrenzen, betrachten. Leider ziehen Wolken auf und wir treten den Heimweg an. Allerdings kommen wir nicht weiter, live vorgetragene brasilianische Reggea-Musik und einige weitere Kaltgetränke halten uns zunächst auf. So muss das Strand-Feeling sein! Zum Feiern geht es in einen etwas exklusiveren Club, in dem ich beim letzten Mal meine letzte Nacht auf der Insel verbracht habe. Die Männer zahlen sich dämlich, die Mädels erhalten freien Eintritt – sorgt für ein angenehmes Verhältnis auf der Tanzfläche. Diesmal Elektro. Irgendwann haben zwei Bunnys in Dessous ihren großen Auftritt. Auf der Bühne ist eine riesige Kanone, die an urzeit-Science Fiction-Filme erinnern. Über einen Ventilator sprühen sie Pheromone in die Menge. Sieht echt dämlich aus, verändert aber die Stimmung gewaltig. David kommt aus dem Gedränge und ist fest überzeugt alle Menschen zu lieben. Fühlt sich an, als wäre man high – kein schlechtes Gefühl.
Ich habe mich mittlerweile dazu entschlossen, meinen Aufenthalt auf der Insel zu verlängern. Strand klingt verführerischer als Sao Paolo. Am Sonntag abend in einem Samba-Laden unterhalte ich mich mit einem neuen in unserem Hostel. Elmar, witziger Peruaner, der seit 25 Jahren in Neuseeland lebt. Er muss auch mittwochs in Sao Paolo sein und denkt über einen Abstecher in Curitiba nach. Da war doch was, die Stadtbesichtigung in der Vorwoche ist ausgefallen. Ich bin sofort dabei, letzte Planänderung meiner Reise, das muss man machen! Und wieder haben wir Glück mit dem Wetter. Blauer Himmel, nur einige Schäfchen-Wolken über uns. Unser Stadttour-Ticket erlaubt uns 5mal an unterschiedlichen Stellen auszusteigen. Die Stadt gehört sicherlich zu einen der wohlhabendsten in ganz Brasilien. Unzählige Parks, viel hochwertige Architektur. Wir genießen die Fahrt auf dem Sonnendeck und dösen beide ein. Zeitverschwendung auf angenehme Weise, wir fahren den 40km Rundkurs zweimal ab und steigen nur 4 mal aus, um ein bisschen was zu betrachten.
Dienstag Nachts ein letztes Mal in den Überlandbus setzen und nach Sao Paolo fahren, wo ich zu unchristlichen Zeit ankomme. Ich werde bei meinen Freunden Nan und Marina unterkommen, will sie aber nicht zu früh aus den Federn reißen und lass mir etwas Zeit. Als ich gegen 7 Uhr in die Bahn steigen möchte stellt sich dies, als schwieriges Unterfangen heraus. Rush-Hour und ich habe ca. 23kg zu tragen. Im Minutentakt fahren die Bahnen heran, es ist vollgedrängt. Ich benötige bestimmt 20 Minuten, um mich in eine hineinzudrängen. Einmal noch umsteigen und ich erreiche die Bude meiner Freunde. Nan macht mir die Tür auf, Nina schläft noch – schließlich ist ihr Geburtstag, ob ich das denn wisse… Selbstverständlich nicht, hab ja heute noch nicht in Facebook geschaut!
Mit Nan kann man einfach über das blödeste Zeug seine Witze machen (Schilderungen erspare ich euch an der Stelle, würde man eh nicht verstehen!). Jedenfalls lacht er auch abends weiter, während seine Ehefrau auf dem Weg zu ihrer Party, mit ihren neuen Schuhen ausrutscht, hinfällt und sich Arme und Beine aufschlägt sowie das Kleid zerreißt. Sie heult, weniger aus Schmerz als mehr aus Wut über die blöden Schuhe, und er lacht… Er ist schließlich auch Schuld, er hat ihr die Schuhe zuvor geschenkt! Der Abend nimmt trotzdem noch eine gute Wendung, wir feiern und essen ausgelassen – ein schöner Abschluss! Die schwerste Etappe steht mir heute bevor. Durchaus auch wörtlich zu verstehen, mein Rucksack ist über Nacht um 6kg schwerer geworden! Morgen um diese Zeit bin ich wieder in Deutschland – hab gehört, der Frühling kommt. Planung ist eben alles…und nichts!

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