Samstag, 24. März 2012

…es ist warm geworden, oder?

Diese Worte gehören zu den ersten, mit denen mich meine Mum heute begrüßt. Es riecht zwar förmlich nach Frühling, aber lange Hose und Pulli habe ich die letzten Tage eher selten getragen. Wie dem auch sei, nach ca. 11 Stunden Flug bin ich am Freitag wieder in der Heimat angekommen und auf dem ersten Blick ist alles beim Alten. Angenehm ist auf jeden Fall die warme Dusche mit ordentlich Druck auf der Düse! Auch schön, dass man sich nicht mehr fragen muss, wie viele Shirts man wohl noch im Rucksack hat – ich muss einfach nur den Schrank öffnen und da liegt ein Stapel… sofern ich gewaschen habe, was mich zum nächsten Thema bringt. Der Rucksack muss ausgepackt, die Wäsche gewaschen werden, der Kühlschrank gehört gefüllt – Alltagstrott? Fühlt sich jedenfalls extrem komisch an. Also befinde ich mich in den letzten Stunden vermehrt in der Vergangenheit. Vor knapp 5 Monaten schien der Tag der Abreise so unendlich weit entfernt. Und als es soweit war, sind die Gefühle undefinierbar. Ich habe die Worte „befreit und bedrückt“ gewählt, als ich gefragt wurde, wie ich mich an meinem letzten Tag denn wohl fühle. Zwei Worte, die sich irgendwie zu widersprechen scheinen. Ich war wohl am letzten Tag auch etwas stiller als sonst, wurde mir jedenfalls von zwei Freundinnen beschienen, die ich zufällig nochmal am Flughafen getroffen habe. Man hört ja von einigen, dass an ihnen ihr ganzes Leben nochmal wie im Film vorbeigezogen sei – soweit ging es bei mir nicht. Aber immer wieder sind einzelne Bilder meiner Reise vor meinem geistigen Auge aufgetaucht, teilweise absolute Nebensächlichkeiten, fast schon vergessen, die mir zumeist ein Lächeln auf die Lippen gezaubert haben. Ich habe nicht viel falsch, dafür einiges richtig gemacht auf dieser Reise – vor allem erstmal, diese Reise überhaupt angetreten zu sein! Ich hatte eine gute Zeit, bereue nichts und habe viel gelernt, gerade auch über mich selbst. Und viel vorgenommen habe ich mir, für die Zukunft. Jetzt liegt es an mir, mich nicht wieder vom Alltag übermannen zu lassen und das umzusetzen, was ich mir für mich vorgenommen habe!

Vielen Dank an euch alle, die ihr regelmäßig oder auch nur ab und an meinen Blog gelesen habt und mit mir unterwegs wart. Es war nicht meine letzte Reise bzw. mein letzter Urlaub ;) In der nächsten Woche werde ich an dieser Stelle nochmal ein kleines Reise-Quiz veröffentlichen und ja, es gibt auch was zu gewinnen – also reinschauen lohnt sich;)

Ansonsten bin ich ab sofort auch wieder direkt für Lunch-Dates oder Kaltgetränke zu haben – ist ja schließlich warm geworden, oder?

Donnerstag, 22. März 2012

...wie Sand zwischen den Fingern

Im Bus auf den Weg nach Florianopolis treffe ich auf Martin, einen jungen Schweden, der gerade am Anfang seiner 7-monatigen Reise steht. Im steht in etwa die selbe Strecke bevor, die ich hinter mir habe und wir unterhalten uns eine Weile, bis sich rausstellt, dass wir im selben Hostel gebucht haben. Wie üblich ist der Bus auf unangenehme, gefühlte 12 Grad runtergekühlt. Pulli, Jeans und Handtuch halten einen warm – ich weiss immernoch nicht, warum die das hier eigentlich machen. Ich entgehe jedenfalls nur knapp dem Kältetod, als wir morgens etwas übermüdet am Busbahnhof in Floripa ankommen.
Die Wolkendecke reißt ca. 50km vor Ankunft auf und wir haben strahlende Morgensonne. Florianopolis ist eine Stadt, die sich zum Teil auf dem Festland zum Teil auf der Isla Catharina befindet, beide Teile sind von einer Brücke verbunden. In Floripa an sich hält man sich in der Regel gar nicht lange auf, man fährt entweder in den östlichen, nördlichen oder südlichen Teil der Insel, wo sich insgesamt 42 Strände befinden. Mich zieht es in die Lagoa Concacao, eine Kleinstadt im Zentrum der Insel, an einer Lagune gelegen. Bei unserem Hostel handelt es sich um ein recht neues, aber bereits sehr beliebtes Party-Hostel – trifft sich gut, dass es bereits Freitag ist. Der Plan, sich kurz auszuruhen, scheitert. Das Hostel bietet eine günstige Tour zur Lagoa del Este an. In meinen Augen einer der schönsten Strände an der Südspitze der Insel, den ich bereits von meiner letzten Reise her kenne. Auf einen schmalen Dschungelpfad müht man sich ca. eine Stunde über einen Gipfel, ehe man das Rauschen der Wellen hört und nur kurz später einen herrlichen Blick auf einen fast leeren Sandstrand erhält. Leider war der Großteil der Gruppe etwas größenwahnsinnig und hat auch auf mehrfaches hinweißen den Trip in Flip Flops begonnen. Für jemand in Hiking-Schuhen echt spannend mit anzusehen ;).

Am Strand angekommen zieht es mich ins Wasser, aber kaum setze ich den ersten Fuß ins Naß, ziehe ich diesen schon wieder zurück – das Wasser ist verdammt kalt!! Die Wellen sind aber verführerisch, also versuche ich es mit Anlauf, hat ja bisher immer geklappt. Allzu lange hält es einen aber nicht drinne, also wird sich gesonnt bzw. mit den anderen Travellern gequatscht und am Strand entlang marschiert – und immer wieder dabei ertappt, wie ich Sand durch meine Hand rieseln lasse… Meine Zeit läuft ab. Recht schnell schließe ich Kontakt mit David aus Spanien, der spontan und günstig einen Trip für 10 Tage nach Brasilien ergattert hat. Obwohl er Spanier ist, Sonnencreme Faktor 60 benutzt fängt er sich einen derben Sonnenbrand ein – man könnte fast schon von englischem Ausmaß sprechen.
Der Hund der Besitzer, Tuna, ist ebenfalls mit am Strand und schafft das Kunststück sämtliche mitgebrachten Fußbälle – 3 an der Zahl – binnen der ersten Stunde zu zerstören. Die Anmerkung, dass ich Hunde nicht mag, bringt mir einen tödlichen Blick von einem Mädel auf der anderen Seite unserer Gruppe ein. Mein süffisanter Hinweis, dass ich einen Heiden-Respekt vor ihr habe, da sie den Trip in Flip-Flops angeht, bringt mir einen weiteren mörderischen Blick ein. Was solls, ich lauf mit zwei anderen (die ebenfalls festes Schuhwerk besitzen) vor dem Rest der Gruppe her und trinke am Ausgangspunkt bereits ein Glas Cana-Saft. Schmeckt wie selbstgemachte Marmelade und wird aus einer sehr zuckerhaltigen Pflanze gewonnen, echt lecker. Im Hostel treffe ich auf einen Engländer, Joe, mit dem ich die ersten Bierchen zische, bevor etwas später das BBQ beginnt. Zu uns gesellt sich die Kleine vom Strand, Francesca aus Italien. Bei einem Bier (oder aufgrund meines Charmes) taut sie etwas auf. Wird ein witziger Abend, der dann kurz vor Mitternacht mit einem Besuch in einem Samba-Schuppen seinen Höhepunkt findet. Ich werde feststellen, dass Samba deutlich schwieriger als Salsa, aber beim Samba zuzuschauen ebenso angenehm ist.
Nach einer sehr kurzen Nacht nehmen wir den Bus zur Praia Mole. Das Publikum an der Mole kann man prinzipiell in drei Kategorien unterteilen: 1. Die Surfer, die sich in die Wellen wagen 2. Die Mädels, die die Surfer beobachten 3. Die Jungs, die die Mädels beobachten, die die Surfer beobachten… Ich genieße aber auch ab und an ein kaltes Bier, hier wie gewohnt nahe dem Gefrierpunkt. Wir wollen den Sonnenuntergang von den Felsen, die den Strand auf der rechten Seite begrenzen, betrachten. Leider ziehen Wolken auf und wir treten den Heimweg an. Allerdings kommen wir nicht weiter, live vorgetragene brasilianische Reggea-Musik und einige weitere Kaltgetränke halten uns zunächst auf. So muss das Strand-Feeling sein! Zum Feiern geht es in einen etwas exklusiveren Club, in dem ich beim letzten Mal meine letzte Nacht auf der Insel verbracht habe. Die Männer zahlen sich dämlich, die Mädels erhalten freien Eintritt – sorgt für ein angenehmes Verhältnis auf der Tanzfläche. Diesmal Elektro. Irgendwann haben zwei Bunnys in Dessous ihren großen Auftritt. Auf der Bühne ist eine riesige Kanone, die an urzeit-Science Fiction-Filme erinnern. Über einen Ventilator sprühen sie Pheromone in die Menge. Sieht echt dämlich aus, verändert aber die Stimmung gewaltig. David kommt aus dem Gedränge und ist fest überzeugt alle Menschen zu lieben. Fühlt sich an, als wäre man high – kein schlechtes Gefühl.
Ich habe mich mittlerweile dazu entschlossen, meinen Aufenthalt auf der Insel zu verlängern. Strand klingt verführerischer als Sao Paolo. Am Sonntag abend in einem Samba-Laden unterhalte ich mich mit einem neuen in unserem Hostel. Elmar, witziger Peruaner, der seit 25 Jahren in Neuseeland lebt. Er muss auch mittwochs in Sao Paolo sein und denkt über einen Abstecher in Curitiba nach. Da war doch was, die Stadtbesichtigung in der Vorwoche ist ausgefallen. Ich bin sofort dabei, letzte Planänderung meiner Reise, das muss man machen! Und wieder haben wir Glück mit dem Wetter. Blauer Himmel, nur einige Schäfchen-Wolken über uns. Unser Stadttour-Ticket erlaubt uns 5mal an unterschiedlichen Stellen auszusteigen. Die Stadt gehört sicherlich zu einen der wohlhabendsten in ganz Brasilien. Unzählige Parks, viel hochwertige Architektur. Wir genießen die Fahrt auf dem Sonnendeck und dösen beide ein. Zeitverschwendung auf angenehme Weise, wir fahren den 40km Rundkurs zweimal ab und steigen nur 4 mal aus, um ein bisschen was zu betrachten.
Dienstag Nachts ein letztes Mal in den Überlandbus setzen und nach Sao Paolo fahren, wo ich zu unchristlichen Zeit ankomme. Ich werde bei meinen Freunden Nan und Marina unterkommen, will sie aber nicht zu früh aus den Federn reißen und lass mir etwas Zeit. Als ich gegen 7 Uhr in die Bahn steigen möchte stellt sich dies, als schwieriges Unterfangen heraus. Rush-Hour und ich habe ca. 23kg zu tragen. Im Minutentakt fahren die Bahnen heran, es ist vollgedrängt. Ich benötige bestimmt 20 Minuten, um mich in eine hineinzudrängen. Einmal noch umsteigen und ich erreiche die Bude meiner Freunde. Nan macht mir die Tür auf, Nina schläft noch – schließlich ist ihr Geburtstag, ob ich das denn wisse… Selbstverständlich nicht, hab ja heute noch nicht in Facebook geschaut!
Mit Nan kann man einfach über das blödeste Zeug seine Witze machen (Schilderungen erspare ich euch an der Stelle, würde man eh nicht verstehen!). Jedenfalls lacht er auch abends weiter, während seine Ehefrau auf dem Weg zu ihrer Party, mit ihren neuen Schuhen ausrutscht, hinfällt und sich Arme und Beine aufschlägt sowie das Kleid zerreißt. Sie heult, weniger aus Schmerz als mehr aus Wut über die blöden Schuhe, und er lacht… Er ist schließlich auch Schuld, er hat ihr die Schuhe zuvor geschenkt! Der Abend nimmt trotzdem noch eine gute Wendung, wir feiern und essen ausgelassen – ein schöner Abschluss! Die schwerste Etappe steht mir heute bevor. Durchaus auch wörtlich zu verstehen, mein Rucksack ist über Nacht um 6kg schwerer geworden! Morgen um diese Zeit bin ich wieder in Deutschland – hab gehört, der Frühling kommt. Planung ist eben alles…und nichts!

Samstag, 17. März 2012

Blick in den Teufelsschlund

Nachdem ich mich im Hostel etwas ausruhen konnte, habe ich mich am späten Vormittag mit dem Bus in Richtung Nationalpark Iguazu gemacht. Wie bereits erwähnt liegt mein Hostel etwas außerhalb, in dem Fall dichter an den Wasserfällen dran – die auch etwas außerhalb liegen. Zunächst mit einem kostenlosen Bus aus der Pampa an die Hauptstraße und dort in den regelmäßigen Bus der Linie 120 einsteigen. Hier merkt man sofort, dass man richtig ist –dicht gedrängt, hauptsächlich Touristen in der Vorfreude auf die Wasserfälle. Im Park angekommen, mache ich das, was ich wohl mittlerweile am besten kann – ich schließe mich einfach einer anderen Gruppe an, alleine durch nen Park macht nicht so viel Spaß. In diesem Fall sind es die beiden Kölnerinnen Janina und Jenny, sowie Tim aus England. Erinnert mich irgendwie an meinen ersten Brasilien-Aufenthalt. Alle drei sind nur einige Wochen im Land, haben ein sehr ausgefülltes Programm und sind teilweise sogar mit Koffern unterwegs – ganz so wie ich vor 4 Jahren.

Nachdem wir den Eingangsbereich passiert haben, steigen wir in einen der Busse, die uns dichter an die Cataratas heranbringen. Die letzten Meter sind zu Fuß zurückzulegen. Je nachdem wen man fragt, welche Seite – die argentinische oder die brasilianische – die schönere Seite von Iguazu ist, bekommt man unterschiedliche Antworten. Sicher jedoch ist, dass man von Brasilien aus einen besseren Überblick über die Wasserfälle. Es gibt immerhin 20 größere und über 250 kleinere Fälle – sagt Wikipedia, ich habe aufgehört zu zählen.
Über Wanderwege tasten wir uns immer dichter an den berühmten Garganta del Diablo (Teufelsschlund) heran. Auf einer Brücke stehen wir ihm direkt gegenüber. Hier gestaltet sich das Photographien etwas schwierig, denn der Wind treibt die Gischt stets zu uns herüber und trübt die Linse. Hinzu kommt, dass sich die wenigsten anderen Touristen, die wir um Gruppenfotos beten, als Meisterfotographen hervortun. Was soll’s – obwohl es hier seit 2 Monaten nicht mehr geregnet hat, ist es einfach nur beeindruckend, wie sich die Wassermassen in die Tiefe stürzen.
Nach einem kleinen Mittagessen besuchen wir noch den nahegelegenen Vogelpark. An sich ganz nett, aber ist ja jetzt nicht das erste Mal, dass ich Loro’s, Tukane und Co bestaunen konnte. Mir fällt der Satz des 55jährigen australischen Bikers vom Morgen ein; er ist seit nem Jahr auf seinem Roller von Alaska nach Ushuaia unterwegs und jetzt auf der letzten Etappe… Wenn du den Punkt erreichst, wo dich Faszinierendes nicht mehr bewegt, ist es Zeit heimzufahren. Gar nicht mal so verkehrt.
Für abends bin ich mit den Dreien im Zentrum zum Abendessen verabredet. Den Weg zur Hauptstraße muss ich diesmal zu Fuß zurücklegen, da die kostenlosen Busse nicht mehr verkehren. 3km auf zunächst unbeleuchteter Straße ermöglichen einen herrlichen Blick auf den Nachthimmel. Kurz vor der Hauptstraße sehe ich den Bus auf die Haltestelle zufahren, ein kurzer Sprint ist nicht von Erfolg gekrönt. Daraufhin warte ich eine Stunde vergeblich auf den nächsten Bus, ehe ich mich entschließe zurückzulaufen – ich wäre über eine Stunde zu spät im Center gewesen, langsam pass ich mich an die südamerikanischen Verhältnisse an. Im Hostel treffe ich auf eine Israelin und eine Südafrikanerin, die bereits seit einigen Wochen zusammen unterwegs sind. Bei einigen Bierchen und – in meinem Fall – kalte Reste vom Buffet der anderen, quatschen wir noch bis spät in die Nacht.
Am nächsten Morgen geht es gemeinsam mit der Gruppe über die Grenze nach Argentinien – damit habe ich bereits den 4. Argentinischen Stempel im Pass, womit das Land mit Brasilien gleichzieht. Mit langsamen Eisenbahnen fahren wir ans Ende des Parks, wo wir über einen 1km-langen Steg direkt ans obere Ende des Teufelsschlundes wandern. Es wird richtig laut! Mit den Augen kann man den Weg des Wassers folgen bis es unten in eine riesige Gischtwolke eintaucht und verschwindet. Auf der „Mittelstation“ starten verschiedene Wanderwege, die einen an einigen Wasserfällen vorbei führen.
Ständiger Wegbegleiter sind ganze Horden von Nasenbären, die bei den Gästen – meist erfolgreich – auf Freßbares hoffen. Nach dem ersten Wanderweg wollen wir uns in einem Restaurant stärken. Die Salami-Sandwiches sehen auf den Fotos echt ansprechend aus. In Wahrheit befinden sie sich in Plastik eingeschweißt und müssen in der Mikrowelle aufgewärmt werden. Die ersten Bissen schmecken nicht so schlimm wie das Brot aussieht, dann fällt mir ein komischer Geschmack auf und meine nächste Wahrnehmung ist bläulich-grüner Schimmel auf der Unterseite. Ich würde am liebsten Kotzen, gib das Brot zurück und bekomme, wenn schon keine Entschuldigung, doch immerhin meine Kohle zurück. Echt ekelhaft! Appetit ist sowas von vergangen!
Wir setzen die Wanderung auf dem unteren Weg fort, dieser führt uns richtig in die Gischt eines größeren Wasserfalls und sorgt für feuchte Kleidung… Aber das ist erst der Anfang, denn 10 Minuten später setzen wir uns in ein Boot, welches uns noch dichter ranbringt. Anfangs stellen wir uns noch die Frage, welche Seite wohl die bessere Wahl wäre – die Antwort ist scheißegal. Nach einem kurzen Stopp für Fotos setzen wir direkt unter die Wassermassen des Teufelsschlunds. Wasser von oben, Wasser von der Seite und Wasser von unten – Forrest Gump wäre happy! Zwar wusste ich vorher, dass ich mich hierauf einlasse, die Weitsicht, Wechselklamotten mitzubringen, was am Morgen allerdings nicht vorhanden. Wir kehren nach patschnass nach Brasilien zurück. Ja, von Brasilien hat man den besseren Überblick – die Erfahrung auf der argentinischen Seite ist aber deutlich intensiver! Beides sollte man erlebt haben und nach m.E. nach auch in dieser Reihenfolge.
Am Abend schaff ich es diesmal doch tatsächlich, mich mit der Gruppe im Zentrum zu treffen. All-you-can-eat-Meat und einige Bierchen runden den Tag ab. Am nächsten Morgen fahre ich früh ins Zentrum, um vor meiner Abreise noch einen Abstecher nach Ciudad del Este auf der paraguayanischen Seite zu machen. In erster Linie, um mir den Stempel für den Pass und die Flagge für meinen Rucksack zu besorgen – soweit bin ich schon verkommen.
In einem Bus fahren wir über die Grenze, aber keiner interessiert sich auch nur annähernd für meinen Pass! Direkt hinter der Brücke, die die beiden Länder verbindet, fühlt man sich wie in einer anderen Welt - unzählige Straßenstände die entweder Elektrowaren, Uhren oder Sonnenbrillen führen und penetrantes Auftreten der Händler, die sich sicher sind, dass ein neuer Fernseher genau das Richtige für mich ist, nerven mich recht bald. Ich flüchte zeitnah zurück über die Grenze und frage noch nach einem Stempel, den mir keiner geben will – echt ne Frechheit, aber ich war da!




Der Rückweg zu Fuß in der Mittagshitze zieht sich überraschend lang hin, ich habe mich von der Distanz täuschen lassen und winke nach zwei Stunden ein Moto-Taxi heran, was mich zurück bringt. Was soll der Geiz. Am frühen Abend starte ich mit dem Bus Richtung Florianopolis. Nach 15 Stunden fahrt steht die letzte Strandstation vor meiner Rückkehr an. Hiervon beim nächsten Mal mehr!

Dienstag, 13. März 2012

Reise mit Stolpersteinen

Mein zuletzt festgelegter Plan sollte Bestand haben. Allerdings sind die Flüge von Natal nach Foz do Iguazu deutlich zu teuer – an sich ist Fliegen in Brasilien schon eine Touristen-Falle. Wie auch immer, das Ziel stand fest und ich habe es auch tatsächlich geschafft, dort dann anzukommen. Zunächst ging es Samstags Mittags mit dem Bus 4,5 Stunden nach Recife, hier konnte ich die Nacht in der Bude eines Bekannten verbringen, den ich vor zwei Jahren beim Carneval kennengelernt habe. Seinerzeit hat er meinen Bruder und mich via Couchsurfing gehostet, nicht jedoch ohne uns im Vorfeld mit den Worten zu warnen: „Yeah, i can host you. But however i warn you, i am going to stay with 5 of my friends and we are all gay!”… War damals echt witzig und für mich auch absolut harmlos – die Jungs fanden meinen kleinen Bruder attraktiv ;) Und auch jetzt durfte ich nur mit der Bedingung übernachten, dass ich ihn überrede, wieder nach Brasilien zu kommen. Übrigens Kleiner, nach Auskunft sind es nicht deine roten Haare, sondern deine Beine, die dich für die Jungs attraktiv machen (und je nachdem wie schnell du dich hierauf meldest weiss ich, wie gewissenhaft du meinen Blog liest ;)).

Wie dem auch sei, beim Einchecken bemerke ich, dass ich einen Zwischenstopp von 30 Minuten in Belo Horizonte habe – mit Fliegerwechsel! Als wir dann 5 Minuten vor der Zeit landen bin ich doch entspannt. Der Flieger rollt aus und anstelle zum Terminal fahren wir aufs Vorfeld. Im Mittelgang stehen schon die ganzen Passagiere aber nichts bewegt sich. 10 Minuten später sehe ich, wie sie die Leiter wieder wegschieben – irgendein technischer Defekt. Nach weiteren 10 Minuten können wir den Flieger verlassen und in den Bus einsteigen. Nach kurzer Fahrt stockt der Verkehr… Ich werde langsam echt nervös. 10 Minuten vor Abflugzeit komme ich im Terminal an. Anstelle direkt in ein separaten Raum für Anschlussflüge gelotst zu werden, darf ich erstmal wieder in die Vorhalle und mich dem normalen Prozedere stellen. Also Handgepäck durchleuchten lassen und die 20 Münzen aus der Hosentasche. 5 Minuten vor Abflugzeit komme ich zum Boarding. Mein Flug wird natürlich nicht mehr aufgeführt. Im feinsten Portugiesisch kämpfe ich mich zu qualifiziertem Personal durch. Diese spricht darauf hektisch in ihr Mikrophon und rennt mit mir zu einer Art Notfall-Taxi. Im Flieger angekommen – der übrigens direkt neben meinem letzten Flieger steht – werden sofort die Türen geschlossen und es geht weiter nach Curitiba. Zwei Jungs vom Hostel holen mich auch direkt ab und überführen mich in nem VW-Bully ins Zentrum.

Curitiba ist ne echt coole Stadt. Der Süden Brasiliens steht stark unter Deutschem Einfluss. Traf ich zuvor kaum auf Brasilianer mit denen ich mich in Englisch unterhalten konnte, spreche ich hier einfach Deutsch. Nachnamen wie Kruse, Beck und Maier sind stark vertreten. Die Stadttour entwickelt sich zu nem Flop. Sowohl das Niemeyer-Museum als auch der Aussichtsturm haben Montags Ruhetag – hinzu kommt, dass die Stadttour-Buslinie ebenfalls nicht operiert. Kann man nichts machen, die Stadt wird zu Fuß erkundet und gefällt mir. Mit dem Nachtbus geht es später weiter nach Foz do Iguazu. Ich bin’s schon gar nicht mehr gewöhnt, aber wir kommen überpünktlich um halb 6 an. Freunde haben mir ein Hostel etwas außerhalb empfohlen. Absolut idyllisch gelegene Parkanlage – hier werde ich es mir zwei Tage gut gehen lassen.


Nachtrag zum Amazonas-Abenteuer:

Dank Diane, liegen mir jetzt die Fotos des Festmahls vor... Kopf abbeißen, Ausspucken, Kauen... Brokoli- Gesicht. Leider hatte ich nicht die Zeit, für die entscheidenden Momente auf die Kamera zu warten ;)



Freitag, 9. März 2012

I am singing in the rain...

...die Überschrift ist eigentlich nur gewählt, um euch nicht zu eifersüchtig zu machen. Zwar ist hier heute Land unter, aber die letzte Woche war von Sonnenschein und Strand dominiert. So hab ich wenigstens Zeit ein bisschen zu schreiben:

Vor circa einer Woche bin ich in Natal angekommen und die wichtigste Aufgabe ist erstmal Tempo rausnehmen, daher gibt es auch nicht wirklich viel berichtenswertes. Am Tag nach meiner Ankunft ziehe ich in ein gemütliches Hostel. Die ersten beiden Tage verbringe ich meist am Strand bzw. über die Mittagshitze in einer Hängematte im Hotel. Abends lass ich es ebenfalls etwas ruhiger angehen und treffe mich mit meinen Freunden, die ich vor zwei Jahren hier kennengelernt habe - All-you-can-eat-meat und Bier. Meine Stimmung ist auch etwas komisch. Zwar habe ich noch zwei Wochen, gefühlt gehts aber recht schnell aufs Ende zu. Einerseits bedauer ich es, dass es bald vorbei ist - andererseits freu ich mich aber auch schon richtig gehend auf die Heimat... Mag verstehen wer will;)
Vom Strand bin ich etwas enttäuscht. In meiner Erinnerung sind haufenweise süße Mädels mit knappen Bikinis am Strand flaniert, heute flanieren haufenweise fette europäische (Sex)-Touristen, an denen jedes Badeoutfit zu knapp ist – ein Unterschied wie Tag und Nacht. Ich entscheide mich daher fürs Wochenende etwa zwei Stunden weiter in ein kleines Örtchen namens Pipa zu fahren, vor zwei Jahren war das der Ort fürs Wochenende!
Und wirklich viel hat sich nicht geändert, weiterhin recht viel junges Volk am Start und wenn man auf einen der Nebenstrände ausweicht, hat man diesen quasi für sich allein. Aber zunächst werde ich noch Zeuge eines atemberaubenden Sonnenuntergangs! Abends mit ein paar Travellern in eine der beiden örtlichen Bars und den kommenden Tag am Sandstrand etwas Sonne tanken.


Trotzdem reift in mir der Gedanke, dass ich nicht wirklich der Fan von alleine am Strand liegen bin. Das geht mal für einen Tag, ein paar Bierchen und das Buch, was ich vor 4 Monaten gekauft habe muss ja auch mal gelesen werden. Aber so wirklich auf lange Sicht ist das eher nichts für mich. Am folgenden Tag geht’s auch wieder nach Natal, wo ein Couchsurfer-Meeting (BBQ und Poolparty) auf dem Plan steht. Echt vom Feinsten, ich futter mich regelrecht voll und mit den Leuten von CS funkt man irgendwie immer auf einer Wellenlänge.
Trotz der etwas verkürzten Nacht holt mich am Morgen ein Strand-Buggy ab. Da Natal in Dünen gebaut ist, bietet es sich förmlich an, durch selbige in einem offenen Wagen zu brausen. Nebenbei werden auch einige Strände im Nordbereich der Stadt angefahren. Die Tour ist zwiespältig zu betrachten. Klar, wenn man fast senkrecht die Sanddünen herunterrutscht macht das schon einen heiden Spass, auch während der Fahrt ist man quasi allein.
Allerdings werden regelmäßig Orte angefahren, wo sich bis zu 250 Strand-Buggys tummeln. Hier wird mit netten Angeboten versucht, noch mehr aus den Touris rauszupressen. Eine 10 Sekunden-Abfahrt mit nem Schlitten in die Lagune kostet mal schlappe 4 USD… 15 Sekunden Canopy mit anschließendem Bad in der Lagune 5 USD… Ich spare mir beides, was meinen Fahrer vermuten lässt, dass ich die Tour nicht genieße. Endpunkt ist ein All-You-Can-Eat-Restaurant für schlappe 25 USD… Naja, wird sich halt am Buffet vollgefuttert. Frisches Fleisch und Meeresfrüchte, insbesondere die Schrimp-Lasagne war nicht zu verachten. Immerhin habe ich mir ein kostenloses Branding (war eh nie wirklich für ein Tattoo) besorgt! Merke auf: Beim Gruppenfoto halte dich vom Auspuff fern - mal sehen, ob es permanent ist;)
Zurück im Hostel lerne ich meine neuen Mitbewohnerinnen aus Schweden kennen. Zusammen mit zwei weiteren Skandinavierinnen (ob Dänen oder Norweger hab ich vergessen) und einer Französin geht’s abends essen. Churrascaria – das Zauberwort für Unmengen Fleisch am Spieß. Alle paar Minuten kommt ein Kellner mit neuen Köstlichkeiten, bleibt kaum Zeit für den Gang an die Nudel- bzw. Salatbar – aber wer will das schon. Ich kämpfe mich durch mein 2. All-You-Can-Eat an diesem Tag und schlage mich wacker! Als ich schon fast aufgegeben habe, bringt man frittierte Bananen. Also nochmal 4 Stück auf den Teller! Danach ein Verdauungsspaziergang zur Dessert-Bar. Um nicht doppelt laufen zu müssen gleich einen Flan und noch nen Schokopudding mitgenommen. Nach dem Zahlen wird zurückgerollt, geplante nächtliche Aktivitäten werden kurzfristig und einstimmig von allen gecancelt.
Unterdessen habe ich meine weitere Reiseplanung umgestellt. Das ist eminent wichtig, Planänderungen suggerieren eine Verlängerung des Trips! Flüge in Brasilien sind verdammt teuer: Da ein Flug von Natal (Nord-Ost) nach Iguazu (Süd) um die 1.000€ (sprich: EURO!!!) gekostet hätte, habe ich jetzt eine Alternative... (Und ich meine nicht die 3-Tages-Busfahrt mit 4mal umsteigen über 4.500km!) Ich werde am Samstag 5 Stunden mit dem Bus nach Recife fahren, dort eine Nacht bei meinem Kumpel Luciano pennen. Am nächsten Vormittag den Auswärtssieg gg. Rostock bestaunen (wir haben ja immer gegen die gewonnen, wenn es drauf ankam!) und die Stadt besichtigen. Dann Nachmittags 5 Stunden mit dem Flieger nach Curitaba fliegen. Wahrscheinlich den nächsten Tag dort verbringen und Montag abend mit dem Nachbus nach Iguazu - damit lerne ich zwei weitere Städte kennen (die ich bisher nur vom Feiern kenne) und spare mir abzüglich Buskosten schlappe 400 Euro... Ich freu mich, endlich wieder Busse! ;)

Freitag, 2. März 2012

Irgendwo im Nirgendwo – aber auf dem Amazonas

Während ich noch am Flughafen sitze, mit dem Gedanken spiele, mir ein Sandwich bei Subway zu gönnen, spricht mich Diane an – sie hat meinen Pass als deutschen erkannt. Diane, Mitte 30, Fotografin aus Berlin, befindet sich auf 4-Wochen-Trip durch Kolumbien und ist jetzt ebenfalls auf dem Weg nach Leticia, wo sie von Freunden eines Freundes erwartet wird. Klingt immer vielversprechend, wenn man leicht an lokale Kontakte rankommt. Landeanflug auf Leticia, unter uns schon für Minuten nichts anderes als Dschungel. In niedriger Höhe überfliegen wir ein letztes Mal den Amazonas – es dauert 40 Sekunden, der Fluss ist riesig! Ich steige in der Mahatu-Jungle-Lodge ab. Die Anfahrt geht über einen 100m langen Weg, der beidseitig von Seen umrahmt ist. Gustavo, unser Wirt, hat in Belgien studiert und spricht fließend Englisch. Wir gehen die Pläne für eine Dschungel-Tour gemeinsam durch, später geht es in den städtischen Park. Hier spielt sich jeden Abend ein Spektakel ab, wenn tausende Papageien lautstark zu ihrem Schlafplatz zurückkehren – menschliche Konversation unmöglich! Abends treffen sich Diane und ich zum Abendessen mit Ivan und Daniel, die beiden Brüder sind ihre örtlichen Kontakte. Während ich mich mit Daniel unterhalte, fällt mir zunächst nicht auf, dass wir uns auf Deutsch unterhalten. Seine Ehefrau kommt aus Mainz und im April geht’s zurück nach Deutschland für ihn, um seinen Master anzugehen. Die Unterhaltung wird dreisprachig fortgesetzt.

Die Jungs haben eine Bar mit lokalen Köstlichkeiten für uns rausgesucht. Wenn man am Amazonas ist, so erklären sie mir, muss man mindestens einmal Mojojoy gegessen haben. Dabei handelt es sich um eine Spezialität, eine fette Raupe, die sich von Yuka ernährt. Ich lass mich drauf ein, bin aber doch verwundert, als das Vieh auf dem Teller liegt und versucht zu fliehen… Klar es hat Todesangst, aber ich dachte, es wäre gegrillt oder so. Die Anweisung für den Verzehr lautet wie folgt: „Schnell Kopf abbeißen, denn es kann zurück beißen! Ausspucken, den Rest in den Mund, kauen und runterschlucken!“ Tatsächlich dauert es etwas länger, Selbstbeschwörung, die meine Eltern noch daher kennen dürften, wenn früher Brokoli auf den Tisch kam. Endlich bin ich soweit: Kopf ab, das Ding ist zäher als ich dachte… Ich kann nicht sagen, wonach es schmeckt – war zu fokussiert! Aber dem Gesicht nach zur urteilen: Brokoli! (entsprechende Fotos meiner Heldentat werde ich baldmöglichst nachliefern...)

Morgens machen sich Diane und ich per Boot zur Marusha-Lodge, einem Naturreservat auf der peruanischen Seite. Während der Überfahrt können wir einige Delfine beobachten. Der rosa Delfin ist so etwas wie ein Wahrzeichen für den Amazonas, die kleineren Exemplare sind noch grau. In der Mythologie einiger indigener Stämme kommt der Delfin nachts in der Gestalt eines Senors aus dem Wasser, um junge Frauen zu verführen. Auch Schwangerschaften, wo der Vater nicht bekannt ist, werden so erklärt – es gibt sogar entsprechende Geburtsurkunden, wo der Delfin als Vater eingetragen wird. Klingt witzig? Naja, die Story mit dem heiligen Geist, die Maria dem Joseph aufgetischt hat, ist ja auch eher speziell…;)

Unser Guide nimmt uns in Empfang, normalerweise steht ein längerer Fußmarsch zur Lodge an. Aktuell ist aber Regenzeit, der Amazonas-Pegel ist manchmal bis zu 15m höher… Also paddeln wir in einem Einbaum dicht unter den Baumkronen entlang. Die Lodge liegt idyllisch am Rande eines Sees. Nur, dass jetzt eh alles unter Wasser steht (einige Wildtiere aus dem Regenwald haben direkt unter unserer Hütte Zuflucht gefunden, da ist noch ein Stück Land). Zudem stört eine Schulklasse die Idylle – gelangweilt von der Stille und der Natur wir gekreischt, geschrien, gestört… echt schade und mega respektlos!
Tagsüber paddeln wir den See ab und mit genügend Abstand zur Lodge kann man auch den Geräusche des Waldes lauschen. Unweit unserer Hütte befindet sich ein Urwald-Riese; ca. 450 Jahre alt, 54m hoch und der Stamm bis zu 8m breit! Unterwegs können wir verschiedene Vogelarten beobachten, die entweder in den Bäumen nach Nahrung oder die Wasseroberfläche nach Fischen absuchen. Am Rand des Sees befinden sich riesige Seerosen, auf den wahrscheinlich auch ein Mensch halt finden könnte – Durchmesser bis zu 1,5m! Die Blüten öffnen sich nur am Abend und über Nacht und „leben“ nur für etwa 48 Stunden.

Nach einer Pause geht es bei Dunkelheit nochmal auf Tour. Im Licht der Taschenlampen reflektieren die Augen der Kaimane. Kurz bin ich enttäuscht als ich Charles (unsern Guide) nach ihrer Größe frage und er mit „Pequeno“ antwortet. Er schiebt aber ein „max. 5 metros“ hinterher… Es geht direkt rein in den Wald, sieht aus, als würden wir durch einen Tunnel rudern. An den Bäumen sind riesige Tausendfüßler und Handteller-große Spinnen. Durch die Wipfel erkennt man den klaren Sternenhimmel. Aber auch auf dem Wasser gibt es eine Milchstraße. Winzige Insekten sitzen auf den Wasserpflanzen und leuchten vor sich hin. Plötzlich ein lautes Plantschen direkt vor unserem Kanu – Charles hat einen kleinen Kaiman entdeckt und ihn direkt mit der Hand gefangen. Eigentlich mag ich solche Aktionen nicht, aber nachdem Schnappi schon mal im Boot ist, kann ich die Handtasche auch mal anfassen. Danach setzen wir ihn zurück ins Schilf, hoffentlich wird er in einigen Jahren nicht dasselbe mit uns machen, falls ich wieder zurückkomme.

Vor Sonnenaufgang stehen wir bereits wieder auf. Im Zwielicht der Dämmerung durchbrechen Vögel die spiegelnde Wasseroberfläche. Papageien kreuzen in kleinen Gruppen den See, sehr schlechte Flieger – zwischen den einzelnen Flügelschlägen sacken sie merklich ab. Zurück im Hotel beobachte ich einen Tukan. Mit einer Mangoschale in der Hand komme ich dicht an ihn ran, dann schnappt er sie mir weg. Als ich mich neben ihn ans Geländer lehne, beißt er mir in den Arm – Drecksack!








Am frühen Nachmittag nehmen wir das Schnellboot nach Puerto Narino. Unser Hostel ist einige Kilometer außerhalb gelegen und beherbergt fünf (teilweise sehr aggressive) Papageien und einige kleine Äffchen. Gut, dass wir Gummistiefel dabei haben, der Weg führt uns Hochwasser-bedingt über den schlammigen Friedhof – später nachts noch ein zweites Mal, man hätte ne Taschenlampe mitnehmen sollen. Mit einem Boot geht es morgens zu einigen Seen in der Nähe. Ist interessant zu sehen, wie sich das dunkle Wasser der Seen mit dem bräunlichen Wasser des Amazonas nur sehr langsam vermischt.

Wieder tauchen einige Delfine auf, aber nie an der Stelle, wo ich sie mit der Kamera erwarte. Zum Frühstück treffen wir uns mit Juan in seiner Hütte. In Puerto Narino ist er für seine Schokolade berühmt – 100% Schoko, kein Zucker keine Chemie. Zunächst betört einen der Geruch, später dann auch der Geschmack – richtig gutes Frühstück, zubereitet über Kohlefeuer. Zum Nachtisch ein Kupuasu-Wassereis (auch keine Ahnung, wie man es schreibt), über den Namen habe ich einige Tage schon gerätselt, irgendwie kam er mir bekannt vor. Beim Geschmack des Eises erinnere ich mich wieder dran. Es gab mal einen Pseudo-Fruchtsaft von Punika mit exakt diesem Geschmack!

Mittags mache ich mich mit dem Speedboot zurück nach Leticia. Tags drauf startet eine 3tägige Amazonas-Flussfahrt und es gilt sich noch entsprechend vorzubereiten. Samstag Vormittag stehe ich bereits als einer der ersten in der Schlange, um einen guten Platz für meine Hängematte zu finden. Mein Rucksack ist voll gepackt mit 5l extra Wasser, haufenweise Snacks und einem Dutzend Mangos (das Essen an Bord soll nicht gut sein) – und daher circa 30kg schwer… Als die Beamten mich kontrollieren wollen, verzieht es mir den Rücken! Top-Voraussetzung für drei Nächte in der Hängematte.

An Bord treffe ich auf Max aus Kanada und Fernand aus Costa Rica, neben drei weiteren Deutschen sind wir die einzigen Gringos an Bord! Nachdem die Hängematten hängen, starten wir mit den ersten Bierchen. Viel zu berichten gibt es nicht, der Wald ist grün, der Fluss ist braun – hin und wieder eine Siedlung oder mal Delfine. Immerhin ein beeindruckender Sonnenuntergang und toller Sternenhimmel in der ersten Nacht.



Im Mitteldeck ist es unterdessen richtig voll geworden, circa 100 Hängematten hängen dicht gedrängt, neben- teilweise übereinander. An Schaukeln ist nicht zu denken, wie Rinderhälften im Schlachthaus! Der vorgegebene Ablauf aus 6 Uhr Frühstück, 11 Uhr Mittag und 17 Uhr Abendessen wird durch Snacks, Bierchen und der untertägigen Schlafroutine (Late-Morning-Nap, Early-Afternoon-Nap und Late-Afternoon-Nap) bereichert. Trotzdem bleibt noch ausgiebig Zeit, den Blog zu schreiben und die Flaggen auf den Rucksack zu nähen. Alles wird gemacht, um sich die Zeit zu vertreiben – die Fahrt ist echt lang! Dann, Dienstag am frühen Morgen, ich wache aus dem Dämmerzustand auf und sehe einige Leute an der Reeling. Um 5 Uhr morgens laufen wir in den internationalen Hafen von Manaus (immerhin 1.300km weg vom Meer) ein. Aus Sicherheitsgründen wird uns Gringos ausdrücklich erlaubt, ab 6 Uhr von Bord zu gehen.
Nach dem Frühstück mit den Jungs geht’s an den Flughafen. Ich will an den Strand von Natal, im Nordosten Brasiliens. Die Buchung gestaltet sich als schwierig, man akzeptiert nur lokale Kreditkarten und an den Geldautomaten bekomm ich nicht genug Kohle, um den Flug bar zu bezahlen. Es fehlen circa 50 Reais (etwa 20 Euro). Also werden die letzten Dollar umgetauscht. Als ich zurück ins Reisebüro komme stellt sich raus, mir wurde vom System ein Rabatt eingeräumt – naja, immerhin hatte ich jetzt genug Kohle! Nachts um 2 Uhr komme ich in Natal an und fahre mit allem Gepäck direkt zu einer Bar, wo ich auf meinen Kumpel Henrique und einige Couchsurfer treffe. Gefeiert wird bis ca. 5 Uhr – dann wird die Hängematte in seiner Wohnung aufgespannt. Ab jetzt steht Beach-Time auf dem Programm – endlich!


Donnerstag, 1. März 2012

Verstecktes Glück

(...ich hab lange nix mehr von mir hören lassen, obwohl ich fleißig war;) Im Amazonas-Gebiet sind Wifi-Quellen nicht gerade vielfältig und wenn, dann einfach zu langsam, aber jetzt bin ich ja in Brasilien und werde mich um die Aufarbeitung kümmern ;))

Die Zeit vergeht wie im Flug… Die letzten Tage in Medellin waren in erster Linie von einigen Bierchen am Abend und kleineren Unternehmungen über tags geprägt. Gefährliches Kolumbien… in akuter Gefahr schwebt man nur, wenn man ins Taxi steigt und mit europäischer Härte die Tür schließt – das bringt die Fahrer auf die Palme. Zu streicheln darf man die Tür, nach Möglichkeit noch mit Seidenhandschuhen anfassen, andernfalls kann man sich sicher sein, ein angeregtes Gespräch mit den Herren hinterm Steuer führen zu dürfen. Lediglich verwunderlich, dass ihnen die Türen so wichtig sind, wenn sie sonst durch die Stadt düsen nehmen sie auf den Wert ihres Gefährtes nicht wirklich Rücksicht.

Das Wochenende beginnt donnerstags, gefeiert wird bis zum Morgengrauen – der Tag anschließend im Parque Poblado begrüßt… Freitags selbes Programm, der Samstag-Morgen beginnt mit einem herrlichen 6:1 der Eintracht (nach einer Stunde Schlaf), Mittags geht’s weiter zum El Penol, einem Felsen (oder Kometen) ähnlich des Zuckerhutes in Rio, der sich vor einer künstlichen Seenlandschaft in die Höhe streckt. Anders als in Rio ist die Anfahrt etwas schwieriger. Zunächst im Bus bis in eine Stadt in der Nähe, dann ein Pick-up Taxi bis zum letzten Abzweig, dort warten Gäule, die einen den letzten Kilometer zum Fuß des Berges transportieren, dann der Aufstieg – zu Fuß! So ne Gondel wie in Rio wäre echt was Feines. Immerhin hat man von der Spitze einen herrlichen Ausblick…

Zurück in Medellin werden die Sachen gepackt; die letzte Nacht ziehe ich nochmal auf die Couch. Abends sind wir bei Freunden von Estefania eingeladen. Zwei kenne ich schon von früheren Partys, der Rest der Gringo-Gesellschaft geht mir derbe auf den Sack, benehmen sich wie Götter in nem fremden Land. Uns hält es nicht lange, da ich am nächsten Morgen um 7 Uhr aufstehen möchte, war sowieso nur ein kurzer Abend geplant. Vorher aber noch einen Abstecher in den Park, wo wir auf weitere Freunde treffen… Die Mischung aus Bier, Tequila und billigem Rotwein fetzt. Gegen 4 Uhr geht’s zurück, zum Abschied noch eine Flasche guten chilenischen Rotwein – endlich was mit Geschmack! Trotzdem nicht die beste Idee. Aus reisetaktischen Gründen entscheide ich mich gegen die frühe Abfahrt – dafür aber für Aspirin! Die Mittagssonne weckt mich, oder war es das Hämmern im Schädel? Kurzer Abschied, dann im Taxi zum Terminal. Auf der Gegenfahrbahn krümmt sich ein Motorradfahrer, der kurz zuvor Bekanntschaft mit einem Taxi macht…Hauptsache die Tür ist heil geblieben!

Die Busfahrt ist nicht gerade angenehm, der direkte Weg ist versperrt, daher machen wir uns auf nem Umweg nach Bogota – nur 4,5 Stunden Verspätung (neuer Geschwindigkeitsrekord für nen kolumbianischen Bus!). Morgens um 2 Uhr habe ich nichts anderes als ein Bett im Sinn, das erstbeste Hotel muss herhalten, auch wenn ich für zwei Nächte so viel zahle, wie die ganze Woche zuvor. Nach dem Frühstück schlendere ich gegen Mittag im Stadtteil Candelaria, der von gemütlichen Straßencafés und Künstlern, die ihren Schmuck verkaufen möchten, geprägt ist. Ich warte auf Jimmy, einem Kumpel, den ich vor zwei Jahren in Rio kennengelernt habe. Kurz zu seiner Charakterisierung: Jimmy wollte mit kaum Geld lange reisen. Einkünfte erzielte er über den Verkauf von selbstgebastelten Armbändern sowie über die Vermittlung einiger Drogen in Hostels. Dummerweise hat er diese Drogen nicht nur verkauft, sondern auch selbst konsumiert. Im weiteren Verlauf der Reise ist er extrem abgedriftet zudem wurden seine Sachen einschl. Ticket und Pass wurden geklaut. Er war vom Erdboden verschluckt, seine Mum hat sich verzweifelt an einen gemeinsamen Freund gewandt, in der Hoffnung, Informationen über seinen Verbleib zu erhalten. Machen wir uns nichts vor, als ich vor 15 Monaten davon hörte, habe ich mir keine Illusionen gemacht, ihn jemals wieder zu sehen. Aber anstelle, dass er sich an die Botschaft gewandt hat, hat nun die wirkliche Reise von Jimmy begonnen. Per Anhalter und zu Fuß hat er über Monate den Rückweg über Bolivien, Peru und Ecuador geschafft und dabei die Grenzen jeweils illegal überquert. Und während ich gerade einen kolumbianischen Kaffee genieße, fährt er mit seinem Motorrad vor – breit grinsend. Tut echt gut ihn zu sehen, geändert hat er sich kaum… Drogenkonsum etwas reduziert, hat eine Frau und wird Mitte des Jahres Vater.

Er hat einen zweiten Helm dabei und nimmt mich auf Stadttour. Wenn wir zwischen den Autos und Bussen durchflitzen, habe ich nur das Bild vom am Boden liegenden Motorradfahrer des Vortages im Sinn. Mit der Seilbahn fahren wir hoch zur Iglesia Montsserat, herrlicher Ausblick über die ganze Stadt. Ich bin wieder auf 3.000m Höhe, das Atmen fällt schwer. Jimmy spricht jeden in seiner typischen Art an und heißt ihn in seiner Stadt willkommen… Eine Gruppe Japaner hält instinktiv ihre Kameras fest, sind dann aber beruhigt, als sie hören, dass ich Deutscher bin…Schließlich sind unsere Völker Freunde, wie sie sagen, zusammen mit Italien haben wir im 2. Weltkrieg gekämpft… Schön, und meine Mum ist mal Toyota gefahren!

Wir gabeln eine junge Schwedin auf, ihr letzter Tag in Kolumbien, zwei Monate hatte sie Freiwilligenarbeit in einem indigenen Dorf im Amazonas geleistet – auch spannend! Auf ein paar Bierchen geht es in eine Kneipe, wo sich außer uns nur Einheimische befinden. Ein Betrunkener wird handgreiflich, als wir uns an ihm vorbeizwängen wollen. Nachdem er sich an der Wand stößt, nehmen ihn seine Freunde mit raus.
Philosophierstunde – Jimmy erzählt eine kolumbianische Geschichte, wie die ersten Menschen, die das Glück besaßen, selbiges vor dem Rest der Menschheit verbergen wollten. Die Ältesten kommen zusammen, um sich zu beraten und verwerfen nacheinander alle Ideen. Denn, weder die höchsten Berge, noch die Sterne oder der Mittelpunkt der Erde erscheinen als ein sicheres Versteck – man traut den Menschen einfach zu, dass sie es dort irgendwann suchen und finden werden. Dem Ältesten kommt dann aber doch noch die zündende Idee: Die Menschen, sinniert er, werden überall nach dem Glück suchen, aber lasst es uns in den Herzen jedes einzelnen verstecken – sie werden nicht erwarten, dem Glück so nah zu sein und es daher nicht finden… Keine Ahnung, ob es am Bier lag, aber mich hat die Geschichte inspiriert. Da ich jetzt schon über Tage nicht mehr wirklich lange geschlafen habe, wird der Abend nicht wirklich lange – schade eigentlich. Am nächsten Morgen geht es zum Flughafen, um mich Richtung Amazonas aufzumachen! (Diese Geschichte ist auch schon quasi fertig... Aber jetzt gehts erstmal an den Strand, dann werden die Fotos rausgesucht ;) )