…"von jetzt an geht es nur noch nach Norden" – wie sehr ich mich doch irren sollte. Nun, in den letzten Tagen war es etwas still um mich, das hatte seine Gründe. Freitag morgen bin ich mit der festen Absicht ein Busticket zu kaufen, ins Zentrum marschiert. Auf der Suche nach dem Reisebüro hab ich mich etwas schwer getan und ein Passant half mir weiter, nicht ohne mir zu sagen, dass es ein wesentlich günstigeres an einer anderen Stelle gebe. Ob er mich dort nur hingeschickt hat, weil Bekannte dort arbeiten, weiss ich nicht, jedenfalls meinte es das Schicksal gut mit mir. Am Eingang die auf Papier geschriebene Notiz „Last Minute Antartica“. Also was soll´s fragen wir nochmal nach und tatsächlich: Verdammt günstig (ich hab nen Wisch unterschrieben, dass ich den Preis nicht verraten darf)! 10 Tage! Beginn am Montag! Ich habe nicht wirklich lange drüber nachgedacht. Also den Ausflug in den Nationalpark ausfallen verschoben, allerlei Formulare ausgefüllt und den ganzen Tag mit einem breiten Grinsen durch die Gassen gelaufen! 10 TAGE ANTARKTIS – ich kanns immernoch nicht wirklich glauben! Samstag bin ich dann immernoch grinsend durch die Gassen gelaufen. Zwei paar Handschuhe, Thermohose, Thermojacke, Thermounterwäsche, Wollsocken und Mütze gekauft, ein halbes Vermögen ausgegeben, aber egal! Muss mal schauen, wie ich das Ganze danach in die Heimat bekomme.
Nachdem der Samstag für Shoppen drauf ging, stand Sonntag der Nationalpark auf dem Programm. Im Bus ein holländisches Pärchen getroffen – Anita und Sander (?). Man stellt fest: Ich treffe nur auf Holländer. Aber wie alle Holländer (außer die im Campingwagen auf unserer Autobahn;) ) super witzig drauf und kein Verständnis für Fussball – er hatte doch unterschwellig tatsächlich die Hoffnung, dass Holland bei der EM etwas reißen kann? Naja, war wohl dem Tag in der prallen Sonne geschuldet, was mich wieder zum eigentlichen Thema zurückführt.
Der Bus setzt uns als an einer Bucht am Beagle-Kanal ab, blaues Wasser, blauer Himmel und immer noch schneebedeckte Bergspitzen im Hintergrund. Die nächsten 4 Stunden geht es auf kleinen Pfaden von Bucht zu Bucht. Vorbei an knöchrigen, alten Bäumen, denen Wind und Salzwasser in den Jahren zugesetzt haben, befallen von Flechten und Pilzen. Manchmal über morastigen Untergrund werden kleinere Hügel erklommen. Die Buchten laden zum Rasten ein, der strahlende Sonnenschein tut sein übriges. Solange der Wind nicht bläst, ein perfekter Frühlingstag in den Bergen – mit Blick auf Miesmuschelbänke im flachen Meerwasser… Unbeschreiblich.
Am frühen Nachmittag geht es landeinwärts. An einem langsam fließenden Fluss, der zum Forellen angeln einlädt, kommen wir an einem Campingplatz vorbei. Es ist Sonntag, Familien genießen den Frühling – während uns von überall Grillgeruch entgegen weht, hoffe ich, dass auch ich bald was zum Essen auftreibe… Der Geruch von frischem Fleisch macht einen besonders wahnsinnig, wenn man bereits Hunger hat. Wir finden ein Bistro-ähnliches Restaurant und machen es uns in der Sonne bequem. Um uns herum Falken auf den Bäumen, die angesichts von Fleischresten im Überfluss wohl etwas faul geworden sind. Durch die Bäume hindurch glitzert der Fluss in der Sonne. In der Ferne gehen einige Fliegenfischer ihrem Hobby nach. Lediglich die penetrante Musik aus den Autolautsprechern stört die Stimmung.
Zwei Stunden vergehen recht schnell, wir werden vom Bus abgeholt, der uns noch durch andere Gegenden des Nationalparks kutschiert, während wir weitere Wanderer aufsammeln. Der Fahrer meint es etwas gut mit uns und sorgt für die Beschallung im Wagen – feinste argentinische Schnulzen-Schlager und das immer wieder. „Te necesito como la luz del sol“, den Ohrwurm hab ich immernoch (Hören auf eigene Gefahr: Te necesito von Amaral & Beto Cuevas! Ja ich habe es geyoutubed). Und doch weckt es eine gewisse Sehnsucht, während wir auf der staubigen Piste nach Ushuaia fahren. Mit der Schläfe am kalten Fenster die letzten Blicke auf die vorbeiziehende Landschaft - es gibt noch weitere Paradiese...
In Ushuaia angekommen, bin ich natürlich viel zu spät zum Vorbereitungstreffen für die Kreuzfahrt. Also, ich hab ein Namensschild, es waren augenscheinlich viele jüngere Leute anwesend (die Alten waren wohl pünktlich). In meinem B&B angekommen auf ein französisches und – oh Wunder – auf ein weiteres holländisches Pärchen getroffen. Bei Rotwein und Empanadas bis spät gequatscht. Jetzt geht´s ans Packen… Montag noch Bücher und Ersatzbatterien kaufen und dann geht’s schon los – ihr werdet also eine Weile auf mich verzichten müssen.